Im Stress sind die guten Vorsätze weg!

Warum funktionieren wir bei Stress nach alten Programmen? Wieso sind dann mühsam erlernte neue Strategien genau in diesem Moment einfach wie weggeblasen? Welche Prozesse finden in unserem Gehirn statt? Und wie können wir resilienter werden - also neue Wege beschreiten und unsere Widerstandskraft stärken? Welche Techniken gibt es, die dabei unterstützen? Genau das erzähle ich dir in diesem Blogartikel.

 

Kennst du das? Du hast dir vorgenommen dich gesünder zu ernähren. Du kochst jeden Tag frische Gerichte. Du bist super zufrieden mit deiner ausgewogenen Ernährung. Du fühlst dich gut damit. Doch dann kommt ein stressiger Arbeitstag, du bist abends genervt und müde und bestellst dir als Reaktion darauf, wie früher, Burger mit Pommes nach Hause, denn du möchtest dir das heute gönnen. Nachdem du gegessen hast bist du jedoch noch genervter also zuvor, aber weißt weder, warum du so reagiert hast, noch, wie du das ändern kannst…

was passiert bei Stress in unserem Gehirn?

Stress ist ein Zustand des Ungleichgewichts. Wir glauben, dass wir die Situation, in der wir uns befinden, nicht bewältigen können. Das ist übrigens eine komplett subjektive Wahrnehmung unserer Handlungsmöglichkeiten. Das bedeutet, ob wir in Stress geraten, entscheiden eigentlich wir selbst.

 

Aber wie schaut es in unserem Gehirn aus? Bei Stress schlägt die Amygdala - also das Angstzentrum im Gehirn - Alarm! Durch eine Bedrohung versetzt uns die Amygdala in Kampf- oder Fluchtbereitschaft oder lässt uns erstarren und blockiert sogar unser logisches Denkvermögen. Es ist erwiesen, dass unser Gedächtniszentrum, der sogenannte Hippocampus durch Stress schwer beeinträchtigt wird. Schuld daran ist hier vorwiegend das Stresshormon Cortisol, das nachweislich die Hirnstruktur schädigt. Es werden im Stress weniger Gehirnzellen produziert und das wirkt sich negativ auf unser Gedächtnis aus. Zusätzlich stellt unser Zentrum der Logik und des Verstands - der sogenannte präfrontale Cortex - in Stresssituationen den Betrieb ein. Dadurch können wir nicht mehr klar denken und neigen dazu emotionaler und impulsiver als sonst zu reagieren - wir verlieren unsere Mitte, unsere Widerstandskraft, unsere Resilienz.

 

Das heißt also, dass unser Verstand und unser Gedächtnis uns im Stress im Stich lassen. Wir können auf beide Bereiche nicht mehr ausreichend zugreifen. Es ist also weder was wir gelernt haben abrufbar, noch können wir besonders klar denken, es ist wie ein Nebel, den wir in unserem Gehirn wahrnehmen. 

 

Und dann kommt noch ein dritter Aspekt dazu: Unser Gehirn verbraucht ungefähr 20% der Energie des Körpers, bei vertrauten Aufgaben, im Autopiloten. Wenn unser Gehirn vor neuen oder besonders großen Herausforderungen steht, was auch bei Stress der Fall ist, verbraucht es bis zu 70% unserer gesamten Energie! Daher bevorzugt es den Energiesparmodus, den Autopiloten, also das Abrufen der alten Muster - Bloß keine Veränderungen!

Zwischen reiz und reaktion ist ein raum

"Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegen unsere Entwicklung und unsere Freiheit." Dieses Zitat stammt von Stephen Covey, er hat diese These 2007 in seinem Buch  „Der Weg zum Wesentlichen“ aufgestellt. Dieses Zitat wird übrigens fälschlicherweise Viktor Frankl zugeordnet, wobei auch dieser in seinem Werk "Ja zum Leben sagen" genau von diesem Raum, von dieser Freiheit spricht: "…Menschen, die hier ein gutes Wort, dort den letzten Bissen Brot gespendet haben – sie haben Beweiskraft dafür, dass man dem Menschen im Konzentrationslager alles nehmen kann, nur nicht: die letzte menschliche Freiheit, sich zu den gegebenen Verhältnissen so oder so einzustellen. Und es gab ein So oder so!"

 

Frankl gelang es selbst unter widrigsten, höchst stressvollen Lebensumständen sich diesen Raum der inneren Einstellung, der Möglichkeit, die eigene Haltung zu äußeren Umständen selbst zu entscheiden, zu nehmen - heute würde man sagen, Frankl war in höchstem Maß resilient. Aber was braucht es dazu, um den inneren Autopiloten auszuschalten und Zugang zu unserem Verstand zu bekommen, jenem Areal, das sowohl den Speicherplatz als auch die bewusste Auseinandersetzung mit genau jenen Werten und Überzeugungen zur Aufgabe hat? Wie können wir uns diesen Raum schaffen?  

wie schaffe ich es, meinen verstand wieder zu aktivieren?

Um im Stress richtig reagieren zu können, brauchen wir zum einen lang trainierte, förderliche Verhaltensweisen, und zum anderen, einen Zugang zu unserem Verstand. Doch wie können wir in einer Stresssituationen die normale Reaktion unseres Gehirns aushebeln, und klar bei Verstand eine für uns passende Reaktion auswählen?

 

Ganz einfach: Wir brauchen Zeit! Selbst wenn einige Areale des Gehirns bei Stress ausfallen, ist das keineswegs ein Dauerzustand - wir haben die Fähigkeit, diese Teile des Gehirns wieder zu aktivieren. Es braucht nach dem Stressauslöser lediglich ein paar Sekunden, bis unser Verstand wieder benutzt werden kann und wir die Möglichkeit haben, klar zu denken. Genau diese paar Sekunden gilt es zu überbrücken. 

die satt methode

Weil wir doch zu Beginn dieses Blogs über Ernährung gesprochen haben, habe ich die SATT Methode ausgewählt - die aber in Wirklichkeit gar nichts mit "satt sein" zu tun hat, aber vielleicht eine gute Eselsbrücke bietet. 

Um die 4-5 Sekunden zu überbrücken, bis unser Verstand wieder arbeiten kann, habe ich eine Methode entwickelt, die du in genau solchen Stresssituationen anwenden kannst. So funktioniert sie: 

 

S = Stopp

Stopp! Innehalten! Stelle dir vor deinem geistigen Auge ein Stoppschild vor, sage dir laut „STOPP“. Wenn es dir möglich ist, dann halte körperlich inne. Dies gelingt, in dem du gedanklich zu zählen beginnst oder einen ganz bewussten Atemstopp von ein paar Sekunden machst.

 

A = Atmen

Beginne danach, dich auf dein Atem zu fokussieren. Hast du beim letzten Schritt einen Atemstopp durchgeführt, beginne nun damit, regelmäßig aus und einzuatmen, z.B. 4 sec. Einatmen, 4 sec. Ausatmen. Atmen verbindet Körper und Geist. Wenn du bewusst atmest, mobilisierst du damit deine Kräfte und deine Konzentration. Eine Atemtechnik, die Navy Seals vor ihren Einsätzen durchführen, um Stress zu reduzieren, nennt sich Box Breathing: Einatmen – Halten – Ausatmen – Halten. Jeder Schritt dauert gleich lange, zähle z.B. jeweils bis 4 oder nutze eine App, bei der du eine gewisse Zeit einstellen kannst.

 

T = ins Tun kommen

Was möchtest du jetzt tun? Was wäre jetzt hilfreich für dich? Anstatt mechanisch zu reagieren, könntest du neugierig und offen sein. Vielleicht wirst du sogar überrascht sein, was als nächstes passiert, nachdem du dir diese kurze Pause gegönnt hast.

 

T = Training

Übe diese Technik so oft wie möglich. Stelle dir dazu einen regelmäßigen Alarm mehrmals täglich. Je öfter du diese Technik im Trockentraining übst, desto eher gelingt es dir im Ernstfall, diese Methode anzuwenden. Im besten Fall startest du das Üben in leichter bewältigbaren Situationen und steigerst dich dann langsam hin zu den schwierigeren Momenten.

VOn der Theorie in der praxis

Kommen wir zurück zu unserem Beispiel vom Anfang dieses Beitrages. Du kommst gestresst von der Arbeit heim und hast durch diesen anstrengenden Tag keine Lust mehr, dir etwas Gesundes und Ausgewogenes zu kochen. Am liebsten würdest du in dein altes Muster zurück fallen. Trotz dieser Situation hast du aber mit Hilfe dieser Übungen festgestellt, dass du dir jetzt natürlich den Burger bestellen kannst, aber dich danach nicht besser sondern schlechter fühlen würdest. Und das alles, weil dein Handeln aus einer Stresssituation hervorgeht. Also was machst du?

 

Du hast die SATT Methode angewendet und bist dir bewusst, dass du mit dieser Tat nicht in dein altes Verhaltensmuster zurückkehren möchtest. Es ist vollkommen okay, wenn das einmal passiert. Und dann beschließt du, entweder doch noch etwas zu Kochen - etwas sehr sehr einfaches - oder dir etwas Gesundes beim Lieferdienst zu bestellen. Denn auch das ist möglich. Und danach wirst du dich 100%ig besser fühlen und auch dein Stresslevel darf dadurch sinken.

 

Diese Tools und viele mehr lernst du in meinem Resilienz Trainer Lehrgang - übrigens mit ISO 17024 Zertifizierung zum Trainer/zur Trainerin in der Erwachsenenbildung. Achtung! Der Start wurde auf den 17. November 2023 verschoben!

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