In diesen Tagen feiert die Kirche Pfingsten, das Fest des Heiligen Geistes. Ich muss an dieser Stelle aber gleich klarstellen: Ich selbst habe mit der Kirche nicht so viel am Hut. Doch haben Religion und Mentaltraining hier eines gemeinsam: Beide schreiben dem Geist eine besondere Wirkung zu. Mentaltraining heißt ja frei übersetzt das Training des Geistes. Wobei „Geist“ in diesem Zusammenhang die kognitiven Fähigkeiten des Menschen bezeichnet, also – abgesehen von der Wahrnehmung und dem Lernen, dem Erinnern und dem Vorstellen – sämtliche Formen des Denkens beschreibt. Und unsere Gedanken sind tatsächlich eine großartige Anlage, die uns Kraft geben kann.
was passiert mit unserem Körper?
Ein kleines Beispiel: Lehnen Sie sich bitte einmal bequem zurück und lassen Sie den heutigen bisherigen Tag Revue passieren: War dieser Tag gut? Von Erfolgen und Glücksmomenten gekrönt? Hat Ihnen vielleicht jemand ein Lächeln ins Gesicht gezaubert? Worüber mussten Sie heute herzhaft lachen? Stellen Sie sich diese Momente so gut es geht vor Ihrem geistigen Auge vor. Nehmen Sie sich dafür zwei bis drei Minuten Zeit. So, und jetzt beobachten Sie bitte Ihre Mimik und Körperhaltung – haben Sie ein Schmunzeln auf den Lippen oder hängen Ihre Mundwinkel eher nach unten? Sitzen Sie aufrecht entspannt oder lassen Sie Ihre Schultern nach unten und nach vorne kippen? Ist Ihr Kopf senkrecht oder sogar nach oben geneigt oder hängt er eher in Richtung Boden, so dass Sie Ihr Kinn schon fast am Schlüsselbein spüren können? In den meisten Fällen – vor allem wenn es Ihnen tatsächlich gelungen ist, sich an positive Momente zu erinnern – wird es immer die erste Option gewesen sein. Sie können diese kleine Beobachtung natürlich auch gerne mit negativen Gedanken durchführen. Zwei bis drei Minuten an die richtig schlechten Momente des Tages denken, Probleme wälzen und dann achten Sie wieder auf Ihre Mimik & Haltung: Hat sich jetzt etwas verändert? Oft ist uns nicht bewusst, wie sehr uns negative Gedanken schwächen – unser Körper reagiert sofort darauf und wir sacken zusammen, haben merkbar weniger Energie.
Wie wir unsere Gedanken bewusst einsetzen können, darum geht es in diesem Blogartikel. Zudem möchte ich Sie zu einem Experiment einladen.
was wir so denken
Die genaue Anzahl der Gedanken, die wir im Durchschnitt täglich denken, ist nicht ganz klar. Wenn wir davon ausgehen, dass wir fähig sind, pro Sekunde einen Gedanken zu denken, abzüglich der Zeit, in der wir schlafen, dann sind es hochgerechnet knapp 60.000 Gedanken pro Tag. Davon sagt man sind 72% unbedeutend, 25% negativ und nur 3% positiv. Der Grund dafür liegt einerseits in der Evolution: Unser Gehirn ist im Überlebensmodus, das heißt, es ist darauf trainiert, Bedrohungen und Gefahren zu erkennen. Dieser „Negativity Bias“ (negative Verzerrung) macht uns das Leben schwer. Andererseits werden wir tagtäglich und dank Social Media sozusagen minütlich mit Nachrichten bombardiert. Und die sind selten positiv. Auch das hat einen Einfluss auf unsere Gedanken und in weiterer Folge natürlich auch darauf, wie wir etwas wahrnehmen, wie wir uns fühlen, was in unserem Leben passiert. Für die positive Ausrichtung unseres Gehirns braucht es eine bewusste Entscheidung dafür und nachhaltiges Training. Die gute Nachricht: Wir haben es in der Hand. Sie können Ihre Gedanken steuern und sich nicht von Ihren Gedanken steuern lassen.
Denken sie sich jung
1979 startete Harvard-Professorin Ellen J. Langer eine wissenschaftliche Studie. Sie lud 16 Männer um die 80 zu einer Zeitreise in ein Kloster ein. Dort sah alles so aus, wie es die Männer aus der Zeit vor 20 Jahren, also aus dem Jahre 1959, kannten. Die Männer waren danach ausgesucht worden, dass sie vor dem Experiment nicht selbstständig wohnten, sondern bei Angehörigen oder im Heim, und sich somit auch kaum bis gar nicht um ihren eigenen Alltag kümmern mussten. Sie brauchten also vor der Zeit der Studie nicht selbst zu kochen und lebten in einer altersgerechten Umgebung. Im Kloster hingegen waren sie für den gesamten Haushalt und auch die kulinarische Versorgung selbst zuständig. Zusätzlich gab es tägliche Gespräche mit den Versuchsleitern über die Ereignisse aus der Zeit vor 20 Jahren: über die politische Lage wie Castros Einzug in Havanna oder über damals aktuelle Bücher. Die Versuchsleiter sahen sich gemeinsam mit den alten Männern Filme von 1959 an, wie „Ben Hur“ oder „Manche mögen’s heiß“ und hörten auch Lieder, die 1959 ganz aktuell gewesen waren. Und eben auch die alltäglichen Herausforderungen wie kochen, Geschirr abwaschen, anziehen, Treppen steigen, usw. mussten die Teilnehmer wieder selbst übernehmen. Es gab aber noch einen weiteren Punkt in dieser Studie: Die Männergruppe wurde in zwei Untergruppen geteilt. Beide lebten in der Welt von 1959. Während die eine Gruppe sich jedoch rückblickend mit dieser Zeit beschäftigte, sollte die zweite Gruppe so tun, als würde sie tatsächlich in dieser Zeit leben. In den zwei Versuchswochen änderte sich bei beiden Gruppen die Lebensqualität: Hörfähigkeit, Gedächtnis und Sehfähigkeit wurden signifikant besser, auch Körperkraft und Geschicklichkeit nahmen zu. Auch sahen alle Männer nach diesen zwei Wochen jünger aus. Jedoch waren bei der zweiten Gruppe – also bei jener, die so tat, als wäre 1959 die Gegenwart – die Verbesserungen deutlich stärker.
machen sie ihre gedanken zu einem ritual
Das Experiment zeigt: Unsere Umgebung und unser Verhalten haben eine immense Auswirkung auf unsere eigene Befindlichkeit. Mit unseren Gedanken ist es ebenso. Unsere Gedanken beeinflussen unsere Haltung und Einstellung und haben somit auch einen großen Einfluss auf unsere Gefühle und unseren Körper. Die Qualität unserer Gedanken bestimmt unser Leben. Wie beginnen Sie Ihren Tag? Mit welchen Gedanken? Und vor allem: Wie denken Sie über sich? Kennen Sie Ihre Stärken und Ihre Erfolge? Oder sehen Sie vor allem Ihre Schwächen und das, was Ihnen nicht gelingt? Schimpfen Sie sich als unfähig, wenn Ihnen etwas nicht so gelingt, wie Sie es geplant hatten? Wenn ja, dann starten Sie gleich heute mit einer Gedankenhygiene: Jeden Morgen, wenn Sie im Bad vor dem Spiegel stehen, denken Sie sich bewusst etwas Positives – dass Sie sich auf den Tag freuen, dass Sie tolle Erlebnisse erleben, dass Sie erfolgreich sind – was auch immer Ihnen einfällt. Machen Sie daraus ein Ritual – warum diese hilfreich sind, können Sie hier nachlesen: https://www.mentalerleben.at/2021/12/30/rituale-der-himmel-auf-erden/ Sie werden sehen, allein diese eine Übung in der Früh kann Ihre Gedanken- aber auch Körperenergie immens steigern.
parkplatz gefällig? – Ein Gedankenexperiment
Wir halten also fest: Wir können unsere Gedanken steuern. Und Gedanken, ebenso wie Worte, haben Auswirkungen auf die Realität. Damit Sie das testen können, habe ich ein Gedankenexperiment für Sie. Gerade, wenn Sie in Wien wohnen, kennen Sie sicher das Problem mit den Parkplätzen. Man fährt oft zig Mal um den Block, sucht eine gefühlte Ewigkeit nach einem Parkplatz und man findet keinen. Es gibt jedoch Personen, die finden immer einen Parkplatz – egal wann, egal wo. Wenn Sie dazu gehören, kennen Sie den Gedanken-Trick vermutlich schon. Wenn nicht, dann möchte ich Sie gerne auf einen Versuch schicken: Das nächste Mal, wenn Sie Parkplatz suchen, denken Sie nicht „Ich finde ohnehin keinen!“, sondern denken Sie: „Ich finde bestimmt einen Parkplatz!“ Wenn Sie diesen Gedanken noch mit der Vorstellung eines freien Parkplatzes vor Ihrem inneren Auge verknüpfen, traue ich mich fast zu wetten, dass sich diese Vorstellung erfüllen wird.
In diesem Sinne: Achten Sie auf Ihre Gedanken und berichten Sie mir gerne von Ihren Erfolgen!
Ihre Regina Swoboda
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