"Ich hab´s dir ja gleich gesagt." Deine Resilienz.

Ich habe mir mit meinem Blog zur aktuellen Situation Zeit gelassen. Obwohl ich mehrere Anfragen hatte – und sogar motivierende Worte aus meinem Umfeld wie z.B.  „jetzt hättest du Zeit einige Blog-Artikel zu schreiben“ kamen, ist es nicht passiert. Das Spannende an den letzten vier Wochen war für mich meine eigene Selbstbeobachtung. Wie gehe ich mit der Krise um?

 

Wie zeigt sich bei mir das Erlernte und gelehrte Wissen über Mentale Stärke und Resilienz?  Und am wichtigsten: Ist es tatsächlich in einer derartigen Krise einsetzbar?

 

 

Die andere Krise

Beginnen wir doch mal damit, uns die jetzige Krise anzusehen und vor allem von jenen Krisen abzugrenzen, die wir Veränderungskrisen nennen: Letztere erleben wir nämlich öfter in unserem Leben und sind in erster Linie sogar bewusst von uns geplant: der Auszug aus dem Elternhaus, die eigene Hochzeit oder auch das erste Baby. Schöne Dinge, die uns dann trotzdem in eine Krise rutschen lassen können, weil wir merken, dass uns vielleicht die nötigen Skills für diese neue Situation fehlen. Was tun wir Menschen in so einer Situation? Genau, wir suchen nach Lösungen, um mit den neuen Gegebenheiten umgehen zu können – im Normalfall lassen wir uns von Freunden beim Umzug helfen, engagieren einen Hochzeitsplaner, absolvieren Geburtsvorbereitungskurse, etc. Wir gehen höchstwahrscheinlich relativ zügig ins Tun – mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg.

 

 

Zählt die aktuelle Situation zu diesen Veränderungskrisen? Nein. Wir haben es hier mit einer anderen Form einer Krise zu tun, in der Fachliteratur auch Traumatische Krise genannt. Diese Krisen kommen unerwartet, plötzlich, und bedrohen die psychische Existenz, die soziale Identität sowie die Sicherheit. Ich bin zu sehr im Fachsimpeln? Nun ja, mag sein. Dennoch ist diese Unterscheidung sehr maßgeblich, haben doch beide Formen der Krise andere Reaktionsphasen.

 

 

Zu beginn war der schock

Einige von Ihnen haben solche Krisen in Ihrem Leben schon mal erlebt, eine plötzliche Trennung zum Beispiel oder der jähe Verlust eines geliebten Menschen. Dann werden Sie wissen, dass wir in solchen Situationen nicht gleich im Lösungsmodus sind. In der traumatischen Krise sind wir zuallererst in einer Schockphase, unmittelbar gefolgt von einer Reaktionsphase. Es herrschen seelischer Aufruhr und inneres Chaos. Wir fühlen uns wie betäubt und reagieren häufig mit  Verdrängung, Verleugnung oder Rationalisierung, etc.

 

In so einem Zustand kann die Sonne draußen noch so hell scheinen, wir werden sie nicht schön finden – schlimmer sogar: wir laufen hier Gefahr, in einen noch schlimmeren Zustand zu rutschen, weil wir uns angesichts der vielen Frühlings- und Naturfotos die sich in diesen Tagen auf facebook & Co. zeigen denken, dass es jetzt ganz schlimm um uns bestellt sein muss, wenn wir nicht mal die schöne Sonne und die Natur als schön sehen. Wenn Sie sich hier wieder finden, und vielleicht auch an manchen Tagen seit dem Shut down nicht so gut drauf sind oder nicht so viel weiterbringen, wie es sonst von sich gewohnt sind, lassen Sie sich von mir eines von Herzen sagen: Das ist ganz normal! Genauso reagieren wir in solchen Krisensituationen. Es handelt sich hierbei nicht um eine krankhafte Störung, sondern um eine "natürliche" Warn- und Bewältigungsreaktion des Organismus.

 

 

Wir beginnen zu gehen, jeder auf seine eigene art

Je mehr wir uns dies bewusst machen, umso besser können wir unsere Reaktion akzeptieren. Und diejenigen, die sich schon ein bisschen in Resilienz geübt haben, wissen auch, dass die Akzeptanz der Beginn von Veränderung  und die Basis unserer eigenen Resilienz ist. Solange wir uns in dieser Phase nicht überfordern umso leichter können wir in die Konfrontation mit der Realität gehen. Akzeptanz gebührt auch jenen, die andere Reaktionen als wir selbst aufweisen: diejenigen, die die Situation verleugnen, reagieren über dieses Ventil zur Krisenbewältigung. Da nützt es nichts, wenn wir versuchen mit rationalen Argumenten zu punkten, damit die Verleugnung aufhört. Dies ist in diesem Moment kontraproduktiv. Auch wenn jemand in unserem Umfeld die Krise als solche zwar erkennt, aber sich gar nicht mit der Krise weiter auseinander setzen möchte, sondern diese verdrängt, ist es wichtig, auch dem Raum zu geben.

 

 

Jeder von uns hat also sein eigenes Bewältigungssystem in der Krise. Und bevor wir erste Zukunftsperspektiven erstellen und uns neu orientieren sei gesagt: die Phasen der Krise laufen nicht linear. D.h. es kann durchaus sein, dass nach Tagen der Akzeptanz wieder so etwas wie ein Schock-Tag kommt, sei es durch äußere Einflüsse aber auch durch den eigenen, inneren Krisendialog. Und auch das – Sie wissen was jetzt kommt – ist ganz normal.

 

 

Mein Weg

Ach ja, und mein Weg durch die ersten Wochen der Krise? Ja, der war genauso. Mit dem Wissen, dass Krisenbewältigung in Wellenlinien kommt und geht. Und das jede Phase ihre Berechtigung hat. Und dass weder Beschwichtigen noch schön reden passende mentale Hilfsmittel sind. Und ja - meine Resilienz hatte, mit allen was sie davor an Ideen hatte, recht! Ich konnte tatsächlich alle Faktoren anwenden: eine gute Portion Akzeptanz, Selbstfürsorge wo es möglich war, Humor um mir ab und zu Distanz zu schaffen und immer wieder kleine Portionen der lösungsorientierten Vision der Zukunft – Schritt für Schritt.

 

 

Ich wünsche Ihnen von Herzen das Allerbeste in dieser Zeit.

 

Melden Sie sich hier zum Newsletter an:

* Pflichtangabe